Wir schreiben Freitag den 29. November und ich begebe mich nach einem kürzeren Arbeitsnachmittag in die Allmend, wo momentan gerade die Swiss Handicap abgehalten wird.
Ich wurde von Student* der Uni angefragt, am Stand D2106 in der Halle 2 meine Erfahrungen einzubringen. Sie haben dort einen Posten vorbereitet: “Selbsterfahrung Hemiplegie”. Dort komme ich als Comoderator zum Zuge. Da ich selber betroffen bin, kann ich direkt von meinen eigenen Erlebnissen berichten:

Selbsterfahrung Hemiplegie
Selbsterfahrung Hemiplegie

So sieht es aus vor meinem Einsatz.
Jetzt gehts los. Wir stellen Stühle auf und setzen uns im Kreis hin.  Alison, eine Organisatorin des Postens beginnt mit der Vorstellung von sich und übergibt im Anschluss dann das Wort an mich. Im allerersten Moment schiesst mir durch den Kopf:
“Iiiiie, was müess i jetzt mache? Säg?”
Dann fasse ich mich, stelle mich vor und gebe zurück an Alison.
Sie bereitet die Besucher auf die Selbsterfahrung vor, indem sie die Gruppe anweist, mal zu versuchen aufzustehen und zum Stuhl des Nachbarn zu wechseln. Natürlich mit nur einem Bein, denn wir simulieren ja eine Hemiplegie…
Nachdem sich jeder wieder normal auf den Stuhl zurückgesetzt hat und Alison die ersten Eindrücke erfrägt, bereite ich mich fieberhaft auf meinen bald kommenden Teil vor.
Jetzt ist es so weit und Alison übergibt das Wort an mich.
Ich erzähle meine Geschichte mit dem “Grend aagschlage ond dass es vöu Gedold vo allne bruucht ond dass s’Wechtigschte d’Akzeptanz esch ond so”
Kleiner Einschub: Ich merke einmal mehr, dass genau das das Alpha und Omega jeder Situation ist. Akzeptanz. Ab diesem Zeitpunkt wird alles einfacher und der Versuch eine Erklärung für sein Schicksal zu finden vergeht. Und damit die Sehnsucht, nach dem unerreichbaren, vermeintlich besseren Anderssein.
Ich möchte keinem Psychiater die Arbeit wegnehmen. Drum höre ich jetzt auf. Sonst werden viele Menschen arbeitslos… Es ist erstaunlich, wie wenig es wirklich braucht, um glücklich zu sein…
Nach gefühlt fünf Minuten betrachte ich die Redaktion und stelle fest, dass ich etwas weit ausgeholt habe und Alison wahrscheinlich weiterfahren möchte. Sie beruhigt mich mit den Worten, dass es sehr spannend sei und auch die Zuhörer stimmen ein. Alison führt gekonnt zum nächsten Teil der Simulation.
Den Teilnehmern wird ein Strumpf mit einem Ball drin verteilt und sie versuchen mit nur einem Arm und dem “Ballarm” ein weites T-Shirt überzuziehen.
Nach der Simulation verabschiede ich mich langsam von allen dort und begebe mich direkt nebenan in die Bowlingarena an die nächste Hundsverlochette.

Dasch ne Boule, dasch Cheggle:

Ich kanns halt immer noch nicht wirklich…

Jojooo. Ich frage einen älteren alteingesessenen Obercheggler irgendwas, von wegen, wie man das jetzt hier genau machen muss oder so und er meint nur ganz plump zu mir:
Was wotsch?
Jajaaa, so sind sie halt, die Cheggler. Die wollen chegglen und nicht boulen…
Jedenfalls kommt mein Chef Chef Chef Chef ganz spontan auf mich zu und meint zu mir:
“Chom mer möchid es Selfie!”

Ich bin gerade ein bisschen perplex, weil er mich gerade ein bisschen überrascht hat. Als ich feststelle, dass er es ernst meint, stimme ich zu:

Christian und MME beim Bownling
Christian und ich beim Bownling

Nach der Session frage ich ihn: “Gäu, ech darf das Photi scho of meine Blog ufelade!?!”
Er: “Was Blog? Was? Das esch ned Facebook, odr? Momoool… Dafsch scho ?”
Ist natürlich üffig.
Vielen Dank lieber Christian. Bist ein super Chefchefchefchef ?.
Wer natürlich nicht fehlen darf und wen ich oben bereits erwähnt habe ist der berühmte: “Dasch Bowling, dasch ne Cheggle”.
Obwohl… Dani nimmt sich irgendwie zurück, und spielt nicht so wie sonst. Selten Strikes und er gibt dem Daschnebouling quasi nie eine Gelegenheit so richtig zu zetern und jammern ob seiner ach so armen Bahn und kein “dasch ned Cheggle”…

Das gehört halt eigentlich auch dazu… 

Wir mampfen noch Hugos Lieblingsessen und als mich unser Italiener auf die Schulter runterwuchtet, Dani nachdoppelt und zu guter Letzt die Irin mit ihrem Handballerarm ausholt, werde ich ganz leise und kaure mich zusammen und schaue sie mit ganz lieben Augen an und…
… sie hat erbarmen und klappst nur ganz fein auf meine Schulter.

Zum Schluss praktizieren wir das Einsargen und es sieht aus als ob ich doch nicht so schlecht abschnieden würde… Halt!  Doch nicht, ich gebe einen weiteren Schuss ab und… ist ja klar, wessen Sarg dann bis zum Schluss als erstes fertiggestellt ist:

Bowlertafel
Bowlertafel

Es ist “Märu”s Sarg und ich gewinne einen weiteren Kosenamen dazu.

Ich finde diesen Kosenamen nebst: ‘Küdu, Markuuusch, Määääähääääääkkkkkk, gäuuu Chrihihistaaaaaaaaaaaa, Ruedi, Rüedu, anderen Namen mit M.’ eigentlich noch süss. 

Wie jedes Jahr begebe ich mich mit meiner Nichtschwester-Halbirin-Sarih auf den Bahnhof und fahre nach hause. Zu guter Letzt falle ich totmüde und überglücklich über meine Erlebnisse mit meinen lieben Schurterianern in die Heia…

Das Wochenende hat schon mal gut begonnen. Auch der nächste Tag kommt und ich begebe mich erneut an die Swiss Handicap, um am Hirni-Stand meine Erlebnisse mitzuteilen. Diesmal mit Rahel als Hauptkommentatorin.
Es folgt erneut eine Bilderbuchpräsentation. Genau wie gestern. Einfach erneut wieder anders.
Ich erlebe eine weitere Erkenntnis…
Die Angehörigen und auch viele Betroffene denken alle, dass das grösste Ziel der REHA die Rückgewinnung des Lebens wie es vorher war, sein muss.
Alles wird so eingerichtet und konzipiert, dass alles wieder so gemacht werden kann, wie es früher war. Mir kommt es vor, als ob die Wenigsten auf die Idee kommen, das neue Leben als wirklich neues Leben anzunehmen und vor allem zu AKZEPTIEREN! Das ist meiner Meinung nach der Schlüssel zum neuen Leben. Akzeptieren zu können, dass man anders ist und mit dem Streben nach Gleichberechtigung aufzuhören. Das neue Leben anzunehmen und das Positive am Leben zu sehen.
Es gibt kein Leben, das nicht Freude bereitet. Man muss die Freude und die Liebe einfach zulassen können…
Vielleicht müsste ich mal ein neues Theraphie-Konzept entwicklen.

Die Markusche-Methode.

Obwohl mit meiner Methode kann man kein Geld verdienen, da die Patienten nach der Therapie geheilt wären… Lassen wir also sein.
Nach meinem Einsatz treffe ich noch auf Deborah, ihr Mami und Papi und alte Gesichter vom ZBA. Das Zentrum in welchem sich vor 15 Jahren meine Weichen für die Zukunft gestellt haben.
Ich dorfe noch ein bisschen und erfahre, was sich in der Zwischenzeit getan hat.
Anschliessend treffe ich mich dann noch mit Nadine zum Mittagessen.
Wir gehen zusammen einen kleinen Happen an der Swiss Handicap essen, weil ich bereits wieder eine Station weiter muss…
Ich verabschiede mich von ihnen und mache gleich noch ab, bald wieder mal ein leckeres Tatar verspeisen zu gehen. Noch in diesem Jahr… Oder sonst dann sicher anfangs Nächstes.

Anschliessend gehts gerade zur richtigen Zeit auf den Zug wieder nach Eschenbach, um rechtzeitig die Nachmittagschorprobe zu besuchen.
Huere Theater wördid anderi säge… So viele Aktivitäten in kurzer Zeit ist auf Dauer für mich nicht machbar. Drum bin ich froh, dass es jetzt dann ein bisschen ruhiger und besinnlicher wird… Tut mir sicherlich gut.
Jedenfalls sind wir am Abend noch bei den Nachbarn eingeladen und ich kann endlich wieder und muss nicht mehr… Obwohl… Müssen tat und tue ich ja wirklich nichts.
Zu guter letzt bin ich heute genau seit 6 Jahren rauchfrei und sagenhafte 13’140 CHF “reicher”, resp. weniger arm. Darauf bin ich doch fast ein bisschen stolz…

Swisshandicap, Bowling, Swisshandicap

2 Kommentare zu „Swisshandicap, Bowling, Swisshandicap

  • Samstag, 2019-12-07 um  Uhr
    Permalink

    gäu bisch wäge mir rauchfrei worde, oder ned?

    Antworten
    • Sonntag, 2019-12-08 um  Uhr
      Permalink

      Ned wäge Der…
      Hesch velech en chliine Teil of em Wääg dezue biitreid.
      Ech be wäge mer säuber rauchfrei woorde, well ech das ha welle.
      Ned för Dech, ned för ergendwer, sondern för mech ganz persönlech.
      Machs guet ond bes baud mou

      Antworten

Schreibe eine Antwort zu Nadine KollerAntwort abbrechen