Meine Schwester Sarih und ich begeben uns morgens zeitig mit dem Zug nach Zürich in die Ausstellung: “Körperwelten”.
Ich bin sehr gespannt, was mich da erwartet.
Alle Körperteile stammen von Menschen, die mal gelebt haben.
Oder nicht gelebt haben. Also künstliche Körperteile?
Nein. Zu Beginn stehen tote Menschen in voller Grösse vor uns. Anschliessend Beine, Arme und mein Bereich: Gehirne. Mir kommt der Gedanke, dass ich eigentlich hier überall ein paar Bauteile rausnehmen und mitgehen lassen könnte und nachher bei mir einbauen könnte… 

Kein guter Gedanke. Möchid mer need.

Winzig kleine Fleischklümpchen, nicht grösser als ein Fingernagel, liegen da und ich kann tatsächlich kleine Ärmchen und Beinchen sehen, wie bei einem ausgewachsenen Menschen. Menschen sind kleine Wunder. Ab der 8. Schwangerschaftswoche, ist eigentlich alles da. Einfach viel kleiner. Die Tatsache, dass diese Ausstellungsobjekte früher mal alle gelebt haben, ist eine sehr spezielle Erfahrung und löst ein bisschen ein mulmiges Gefühl in mir aus. Irgendwie komisch, durch diese einmal lebendig gewesenen Körper zu wandern.

Wir ziehen weiter und ich entdecke ein Gebilde, welches im Schneidersitz dasitzt und wie eine Requisite aus einem Horrorfilm aussieht:

 

Skelett

 

“Der einäugige Rächer” oder “Der Tod kommt im Schneidersitz” oder “Der Spiegeltod” oder so. Da könnten noch viele Namen passen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt…
Ergendwie am Meischte beni of e Kommentar vom Paa gspannt…
Ein Mensch der war und jetzt als Requisite weiterlebt.

Wir durchqueren die Ausstellung und bleiben bei der einen oder anderen “Person” stehen und philosophieren ein wenig über unsere Vergänglichkeit. Wir haben uns gegen einen Audioguide entschieden und sind quasi gezwungen, alle Täfeli bei den verschiedenen Figuren zu lesen. Dies ermüdet uns. Dann werden wir (also hauptsächlich ich) wieder aufgeweckt. Das sieht doch tatsächlich nach einer geselligen Pokerrunde aus:

Pokerrunde aus Casino Royale
Pokerrunde aus Casino Royale

Es läuft mir EISKALT den Rücken runter, wenn ich in diese Pokerrunde schaue. Es sieht so real aus. Und doch sind alle tot. Nja sind sie es wirklich? Jedenfalls waren sie es nicht in der Vorlage. Denn diese Szene stammt aus dem James-Film: Casino Royale.

In dieser Version hier spielen sie Devil-Poker oder Undeath-Poker, denn beim üblichen Pokerspiel haben die Spieler normalerweise jeweils zwei Karten auf der Hand. Hoffen wir es gibt keine Schlägerei bis es Tote gibt hier 🙂

Wir ziehen im Spielrausch weiter und entdecken eine andere Sucht. Die Nikotin respektive Teersucht. Da stellen sie eine reine, intakte Lunge einer verrauchten Raucherlunge entgegen.

Da überlegt sich wohl jeder Raucher noch ein zweites Mal, ob er sich die nächste Zigi tatsächlich anzünden will:

Vier Lungenflügel
Vier Lungenflügel

Wir sind langsam müde und auch durstig und hungrig. In dieser Reihenfolge.
Bevor wir uns in diesem Beitrag jedoch ans Essen wagen, muss ich noch ein anderes Thema ansprechen…

Ein Bild zur Vorimpression:

Schrumpfhirn vs. Normalhirn
Schrumpfhirn vs. Normalhirn

SePäSesese’s Kommentar könnte lauten:

“S’Lengge ghöört im MME. Deete chond ned so vöu gschiids Züüg use ond s’Rächte ghöört MEEEEEER MUHAHAHA!”

Oder de Schmuusibroh: “S’Pinky Heerni links ond S’BREEEEEINHEERNI rächts”. 

Die haben glaub beide ein Bisschen recht.

 

Wir begeben uns aus der Ausstellung und nehmen direkt Kurs auf das Tibits in der Nähe der “Körperwelten” und des Bahnhofs Örlikon. Zum Glück weiss meine Lieblingsschwester wo der Ort ist und läuft los.

Nach einigen kleineren Korrekturen, halt doch wie auf einem Irrweg kommen wir dann sicher an und geniessen eine Leckere vegetarische Mahlzeit. Nachher treten wir den Nachhauseweg an und gehen genau zur korrekten Zeit los. Wir nehmen erneut auf Anhieb den korrekten Weg. Immer noch halb im Formaldehydrausch fahren wir über den HB nach Rotkreuz. Dort nehmen wir den Bus. Das geht zügiger. Den hab ich glaub schon mal gebracht. Wir fahren zügig mit dem Bus. Oder bussig mit dem Zug oder wie oder was? Dann stellen wir fest, dass es der absolut grösste Blödsinn ist, Freitags im Abendverkehr mit dem Bus IRGENDWO hin zu fahren. Überall Stau und 15 Minuten Verspätung. Wie Sardinen sitzen wir im Bus und schwitzen. Zumindest ich. Dann endlich. Wir dürfen in Eschenbach aussteigen und begeben uns zu Fuss nach Hause. Und da es schon eine äusserst lange Zeit nicht mehr geregnet hat, beginnt es leicht zu Tröpfeln und wir kommen gerade noch rechtzeitig zuhause an.

Merci vöumou, liebs Schwöschterhäärzli. Mömmer ombedingt wedermou mache. Send au super Gschprööch gsii wo mer gfühert hend :-).

 

Besuch Körperwelten

Ein Kommentar zu „Besuch Körperwelten

  • Sonntag, 2021-07-18 um  Uhr
    Permalink

    Sehr bildreiche Auseinandersetzung mit der sicher nicht nur amüsanten Ausstellung “Körperwelten”. Tote in der Pokerrunde totprügeln lassen, sicher inspirierend für Filmregisseure. Auf diesem Weg ganz liebe Grüsse an dein Schwesterherz.

    Antworten

Schreibe eine Antwort zu Otto HurschlerAntwort abbrechen