Lebenslauf bis 2012
Ich bin im Jahr 1984 auf die Welt gekommen. Im Spital nannten mich die Schwestern Igeli, da ich viele schöne schwarze und in die Luft stehende Haare hatte.
Ich besuchte die Spielgruppe, den Kindergarten und die Primarschule. Danach bin ich während 2 Jahren in die Kantonsschule gegangen. In diesen 15 Lebensjahren verbrachte ich viele Tage bei meinen Grosseltern in Oberwald wo wir regelmässig unsere Ferien, sowohl im Sommer wie auch im Winter verbrachten. Im Winter baute ich mit meinen Zwillingsbrüdern Hannes und Andreas Schneehütten und ich ging mit ihnen auf die Skipiste. Ich lernte Skifahren als ich 4 Jahre alt war.
Mit den Jahren fuhren wir immer wilder und waghalsiger. Es kam nicht selten vor, dass wir mit den Skiern mehrere Meter weit und hoch geflogen sind und dann im weichen Pulverschnee landeten. An ein Ereignis erinnere ich mich noch gut. Ich hatte gerade neue Skier bekommen und freute mich riesig, damit auf die Piste zu gehen. Dann ging‘s über einen der erwähnten Sprünge und bei der Landung gingen die Skier kaputt…
Im Sommer sah unsere Ferienzeit nicht so hektisch aus… Wir wanderten viel oder gingen mit den Eltern und Geschwistern auf Bergtouren.
Meinen ersten 3000-er habe ich mit Papa im Alter von 6 Jahren bestiegen. Auf vielen unserer Wanderungen gingen wir in den kalten Bergseen, teilweise neben noch herumtreibenden Eisschollen baden.
Im Sommer 1997 hatten wir ein ganz spezielles Erlebnis. Mein Vater hatte für seine Firma einen Job in Thailand zu erledigen. Aus diesem Grund ist die ganze Familie dorthin in die Sommerferien gegangen.
Wir flogen nach Bangkok wo wir vom Hoteltaxi in dem mein Vater logierte abgeholt wurden. Dann ging es rund 200 km nach Süden zum berühmt berüchtigten Badeort Pattaya. Mein Vater arbeitete auf einer Baustelle in der Nähe. Die fremde aber trotzdem angenehme Kultur war eindrucksvoll und hat mir sehr gut gefallen. In Bangkok und in anderen grösseren Städten verkehren auf den Strassen die so genannten Tuc Tuc’s. Das sind dreirädrige offene Fahrzeuge mit einem Dieselmotor. Die Abgase die diese Tuc Tuc’s ausstossen könnten schwärzer nicht sein. Ich vermute das kommt von den Russpartikeln die das Abgas enthält und aus den miserabel gewarteten Motoren…
Ich durfte auch an einer Mutprobe teilnehmen. Sie bestand darin, von einem 150 Meter hohen Turm mit an einem Seil am Klettergurt hängend hinunterzusausen. Als ich unten ankam, traf mich fast der Schlag, als ich sah, wie die Leute dort die Fahrt abbremsten. Mit Handschuhen… Mir wurde nach der Fahrt schon ein bisschen mulmig, als ich diese Bremsmethode gesehen habe…
Im Jahre 1999 verschlug es uns nach Disentis. Mein Vater hat die Stelle als Bauleiter auf der Baustelle des längsten Tunnels der Welt in Sedrun angenommen. Ich selbst bin in die Klosterschule in Disentis gegangen und bin dort in die 3. Klasse eingestiegen. Ich war 3 Jahre dort und bin sehr freundschaftlich aufgenommen worden. Ich schloss an der Klosterschule die 5. Klasse ab. In diesen 3 Jahren konnte ich mich gut integrieren und habe viele Freundschaften geschlossen. Einige dieser Freundschaften bestehen heute noch und ich kann noch immer viele Erfahrungen mit alten Schulkameraden austauschen.
Kurz vor dem Abschluss der 5. Klasse kam eine grosse Wende in meinem Leben. Ich hatte Ende Juni 2002 einen schweren Motorradunfall mit meinem Roller. Dieser Unfall hat mich gezwungen, meine ursprünglichen Wünsche in den Hintergrund zu stellen und meine Aufmerksamkeit vollständig auf meine Rehabilitation zu konzentrieren. Nach dem Spitalaufenthalt in Chur befand ich mich fast neun Monate in der Klinik Valens oberhalb Bad Ragaz wo ich dank vieler Therapien wieder lernte zu reden, zu essen und meinen Bewegungsapparat wieder zu gebrauchen. Ich bin sehr dankbar, dass ich während dieser Zeit trotz meiner Hirnverletzung so grosse Fortschritte erzielen konnte dass ich heute wieder mehr oder weniger selbständig bin.
Leider war es jedoch wegen meiner Hirnverletzung nicht möglich, wieder in die Schule zurückzukehren um die Matur zu machen. Die IV hat dann veranlasst, dass ich eine berufliche Abklärung machen konnte. Ich tat dies im Zentrum für berufliche Abklärung, im ZBA in Luzern. Dort habe ich in verschiedenen Abteilungen gearbeitet, mechanische Werkstätte, Elektrowerkstätte, Schreinerei und Büro. Man hat dann bald feststellen müssen, dass ein handwerklicher Job nichts für mich ist, weil als Folge meines Unfalls Einschränkungen der Mobilität meiner rechten Seite bestehen. Die Berufsabklärer haben zusammen mit der IV den Vorschlag gemacht, dass ich im Salabim in Chur eine Schnupperlehre als Bürogehilfe machen solle. Ich war im Mai 04 gut einen Monat dort und hatte die Gelegenheit, dort zu schnuppern. Da es mir gut gefiel, haben wir uns entschlossen, ab August 04 im Salabim die 2-jährige Lehre als Bürogehilfe zu beginnen. Ich werde die Anlehre im August 06 beenden und hoffen, dass ich bis dahin eine geeignete, meinen Fähigkeiten entsprechende Stelle finden werde.
Mein bester Schulfreund aus Eschenbach ist Steffan. Ich habe mit ihm viel erlebt. Weil er aber mittlerweile in den USA studiert, ist der Kontakt mit ihm spärlicher geworden. Wir schreiben uns ab und zu E-Mails.
Eine weitere gute Freundschaft hatte ich mit Miri. Ich habe mit ihr die 3 Jahre in der Klosterschule verbracht. Wie in jeder Beziehung gab es Up’s und Down’s. Ich habe mit ihr oft kleiner Ausflüge mit meinem Roller unternommen. Sie war eine wichtige Person in meinem Genesungsprozess noch dem Unfall.
Ebenfalls aus der ,,Klosterzeit” kenne ich Paul. Ich habe sehr viel erlebt mit ihm zusammen. Wir feierten teils Nächte lang und tranken unser ,,Cerrveca”, sprich Bier. Dies gehört aber, finde ich, dazu. Er hat mit mir, die 3 Jahre vor meinem Unfall, die Schulbank in der Klosterschule gedrückt.
Ich möchte auch noch eine Bekanntschaft, die ich in meiner Rehazeit in Valens gemacht habe, erwähnen. Mirjam, die wie ich ihre Rehabilitation dort durchgeführt hat. Sie hat mich auf meinem Weg der Reha durch Hochs und Tiefs begleitet. Sie ist ein weiterer grosser Faktor, warum es mir heute so gut geht. Auch mit ihr habe ich praktisch nur per E-Mail Kontakt.
Durch meinen Unfall und die dadurch resultierende Vergesslichkeit leiden die alten Freundschaften etwas, da die verschiedenen Interessen in andere Richtungen gehen. Ebenso ist es nicht einfach, neue Freundschaften aufzubauen. Die Folgen von Hirnverletzungen sind nicht immer sichtbar. Dies kann dazu führen, dass man sich selbst gegen aussen mehr abzugrenzen versucht, womit die Knüpfung neuer Kontakte erschwert wird. Andererseits ist es auch für die Anderen schwierig, Verständnis für meine Situation aufzubringen.
Glücklicherweise habe ich meine Geschwister, die mich sehr gut verstehen. Sie nehmen mich oft mit in den Ausgang in die mir von früheren Zeiten bekannten Beizen in Disentis.
Ich bin ein grosser PC-Fan. Vor allem die Programmierung von Visual Basic interessiert mich stark. Ich arbeite momentan an einem grösseren Projekt, ich möchte ein Quiz programmieren, ein Quiz à la Armin Assinger. Aber bis sich das Quiz vermarkten lässt, dauert es wohl noch einige Weile… Natürlich spiele ich auch gerne Computergames. Ich bin ein bisschen vom Spiele-Trip heruntergekommen und habe mich mehr den Strategie- und Denkspielen zugewandt. Ausserdem unterhalte ich mich sehr gerne mit Sudoku oder Schach. Auch die Mehrspieler-Brettspiele, wie z.B. Carcasonne, spiele ich sehr gerne. Wenn kein PC verfügbar ist, beschäftige ich mich gerne mit Kreuzworträtsel lösen. Meistens mache ich diese zusammen mit meinem Vater. Was er nicht weiss, weiss ich und umgekehrt. Die Physiotherapie, die ich im Kantonsspital Chur besuche finde ich sehr effizient. Ich habe dadurch meinen Körper wieder ein bisschen aufgemöbelt. Ich lerne ihn auch situationsgerecht einzusetzen. Weiterhin gehe ich 2 Mal in der Woche ins Krafttraining, im Fitnesscenter Strapazi in Chur. Das tut mir sehr gut, ich könnte nicht darauf verzichten.
Wie man anhand des Fotos links sieht, probiere ich auch wieder mein früheres Hobby, das Snowboardfahren aus. Mit dem Gleichgewicht hapert es noch, auch fehlt mir manchmal die Kraft um eine Kurve zu fahren. Übung macht den Meister…
Weiterhin gehe ich sehr gerne in die Neuropsychologie. Obwohl es eine Therapie ist, habe ich es schon fast zu meinem Hobby gemacht. Ein Hobby bei welchem ich auf ein Ziel hin arbeiten kann. Ich habe noch ein weiteres Hobby: Lesen. Es ist zwar früher nicht so gut gegangen, wegen der Vergesslichkeit, ober es wird immer besser. Ich kann mir die Inhalte der Geschichten die ich lese jetzt einigermassen merken.
Eine meiner grössten Stärken ist wohl, dass ich gelernt habe mit meiner jetzigen Situation umzugehen. Ich habe mein neues Leben akzeptiert und freue mich es zu leben und das Beste daraus zu machen. Ich bin auch um einiges ausgeglichener als zu Beginn der Rehazeit. Ich finde es schön, dass ich noch leben darf und finde mein Leben lebenswert.
Trotz meiner Lernschwierigkeiten bin ich wissbegierig und lernbereit. Ich habe lange kein Buch angefasst, weil ich vermutet habe, ich werde am Ende des Buches frustriert sein, weil ich vielleicht nicht mehr wissen werde, was zu Beginn des Buches passiert ist. Jetzt ist es aber so, dass ich mich wieder an Bücher wage und diese mit Freuden lese. Am Liebsten lese ich Kriminalgeschichten oder Jugendbücher.
Auch in der Kommunikation besitze ich eine Stärke. Ich weiss auf (fast) alles eine Antwort und weiss, wann ich was sagen darf. In Diskussionen kann ich abschätzen, was ich meinem Gegenüber sagen darf und was ich besser sein lasse.
Nun zu meinen Schwächen: Mein Selbstvertrauen im Alltag ist durch Unsicherheiten, die in gewissen Situationen bis zu Angst gehen, beeinträchtigt. Neuen oder geänderten Herausforderungen begegne ich zunächst mit Distanz und Unsicherheit. Es braucht einfach viel mehr Zeit, sich an etwas Neues zu gewöhnen als vor meinem Unfall.
Früher bin ich oft mit Papa auf Bergtouren gegangen. Eine Tour die mir stark imponiert hat, möchte ich hier näher beschreiben: Angefangen hat diese Tour am 06. August 1998, als wir uns in die SAC-Hütte Tälli begaben. Dann, am 07. August 1998, als wir uns um 6 Uhr rüsteten, ging die eigentliche Bergtour los. Nach einem 45 Minuten Aufstieg erreichten wir den Einstieg zum Klettersteig Tälli im Gadmental am Sustenpass. Der Steig führt 600 m entlang der Südwand hoch zum Gipfel des Tällistockes. Wir zogen zuerst unsere Klettergurte an, die wir den ganzen Aufstieg in den fix installierten Seilen einklinkten und als Sicherungsmittel benutzten. Zu Beginn wurden wir schon einmal gefordert, indem wir zuerst eine senkrechte Leiter passieren und dann eine recht gefährliche Passage traversieren mussten. Anschliessend folgte der Aufstieg über diverse Wände, Verschneidungen, entlang von Bändern und über viele Leitern hoch zum Gipfel. Der Abstieg erfolgte auf der Nordseite des Tällistocks, dann über einen Sattel wieder an der Tällihütte vorbei zurück ins Tal. Gleichentags stiegen wir noch zur auf der anderen Talseite gelegenen SAC-Hütte Windegg auf. Dort angekommen deckten wir unsere Mägen erst einmal mit frischer Nahrung und Flüssigkeit ein. Und wie das so ist… Man wird sehr müde, wenn man den ganzen Tag auf den Beinen war. Es waren ca. 10 Marschstunden und fast 2‘000 m Höhendifferenz Aufstieg… Deshalb ging es schnell ins Bett, damit wir am nächsten Tag wieder bei Kräften waren. Am nächsten Morgen gings um 06.15 Uhr weiter. Der Aufstieg führte vorbei an Bächen und Seen, entlang van steilen Grashalden und Gräten hinauf auf das Steinhüshorn, welches mit 3’121 M.ü.M. einer meiner vielen bestiegenen 3’000er ist. Der Abstieg vom Steinhüshorn erfolgte über den Triftgletscher zur Trifthütte. Deshalb seilten wir uns wegen der Spaltengefahr an um den Gletscher zu queren. Anderntags machten wir uns nach diesen zwei anstrengenden Tagen an den Abstieg zurück ins Tal. Der Triftgletscher ist seit 1998 bis heute massiv geschrumpft, es hat sich ein grosser Gletschersee gebildet, der wegen der Gefahr des Überlaufens eine Gefahr für die Talschaft darstellt.
Mein schönstes Erlebnis nach meinem Unfall habe ich auch mit meinem Vater zusammen erlebt. Es hat direkt mit der Arbeit meines Vaters zu tun. Ich finde es natürlich riesig interessant, zu wissen, an welchem Projekt mein Vater gerade arbeitet. Ich durfte mit ihm zusammen in den Tunnel, hinab durch den 800 Meter tiefen Schacht zum künftigen Gotthard Basistunnel. In Sedrun angekommen, fuhren wir zum Changehaus, das sind die Umkleideräume. Der Begriff kommt aus der Zeit, als die Südafrikaner noch auf der Baustelle waren. Wir zogen Overalls über, erstens aus Sicherheitsgründen und zweitens, weil sonst die eigenen Kleider dreckig würden. Dann sind wir zum Portal des Zugangsstollens und bis zum Schachtkopf mit einem von einer Diesellok gezogenen Zug gefahren. Jetzt kommt der spannendste Teil: Wir sind mit dem Schachtlift hinunter gefahren. Der Lift fährt mit einer Geschwindigkeit von fast 50 km/h. Wenn man bedenkt, dass das Ganze in der Senkrechten geschieht, ist klar, dass man lieber nicht runter schauen möchte… Unten ausgestiegen, sind wir ein paar Meter durch den Stollen bis zu einem Parkplatz gelaufen, wo viele Jeeps herumstanden. Wir haben einen Jeep der Bauleitung genommen und sind in der Weströhre gegen Süden gefahren. Mein Vater hat mir viel erklärt und obwohl ein rechter Krach geherrscht hat, war es riesig spannend. Wir sind dann nach ca. 1.5 Kilometern aus dem Wagen ausgestiegen und haben die letzten 600 m bis zum eigentlichen Vortrieb noch zu Fuss gemacht. Als wir dort ankamen, staunte ich nicht schlecht, als ich die grossen Bohrjumbos sah. Diese waren nicht in Betrieb, weil an diesem Nachmittag Revisionsarbeiten in Gang waren. Anschliessend gingen wir durch einen Querschlag in die Oströhre und marschierten wieder zurück zum Jeep. Beim Gehen hat mein Vater viel erklärt und ich musste immer schauen, dass ich nicht über Hindernisse stolperte, denn schliesslich wollte ich nicht 800 m unter Tage einen Fuss brechen. Jetzt ging es wieder zurück mit dem Jeep in die Multifunktionsstelle. Diese wird im Falle eines Brandes auch als Rettungs- und Evakuierungsstollen gebraucht. Dann nach der Rettung der Menschen, wird die allfällig vom Feuer heimgesuchte Röhre total abgeriegelt und es kann niemand mehr rein oder raus. Es gibt ganz komplizierte Erklärungen, warum in beiden Röhren nach menschlichem Ermessen nie gleichzeitig Feuer ausbrechen kann…
Wir fuhren dann durch die Multifunktionsstelle hindurch in die Nordrichtung bis an die Vortriebsstelle im so genannten Tavetscher Zwischenmassiv Nord. Hier ist die Vortriebsmethode komplett anders als im Süden. Man kann mit dem Bagger oder
mit dem Spitzhammer den Fels abbauen, weil er sehr weich ist. Dafür muss man, um das Gebirge zu halten, viele Stahlbögen einbauen. Während wir dort waren, haben wir es viele Male knacken gehört, weil sich der Fels und dadurch der Stahlbogen deformiert haben. Es war mir etwas unheimlich. Zum Schluss sind wir mit dem Jeep noch in den Abluftstollen gefahren, der 5 Meter über dem Tunnel liegt und wo im Brandfall die Rauchgase abgezogen werden. Nach zwei Stunden sind wir wieder zum Lift gegangen und mit ihm hochgefahren. Dabei mussten wir die Augen schliessen, um sie vor dem Staub in der Luft zu schützen.